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Der erste Teil der ‚Soundseduction’ Serie, eine vier Track starke EP (+ Instrumentals), ist das Debüt des bisher (noch) unbekannten Lycon. Das Aushängeschild des Tonträgers ist ohne Zweifel Claud, der sich schon mit Beats für Sektion Kuchikästli einen Namen machte. Dieser produzierte für Lycons Erstlingswerk drei von vier Stücken.
Die EP beginnt mit dem Song ‚Nachtfalter’, in welchem der auf hochdeutsch-rhymende Lycon seine Leidenschaft fürs Textschreiben darlegt. Lycon schreibt so transparent, dass man sich wirklich ohne Probleme vorstellen kann, wie er nächtlich an seinem Schreibpult sitzt und Lyrics schreibt. Clauds Beat ist - wie es eigentlich zu erwarten war - sehr jazzig angehaucht; ein Piano-Sample unterstreicht die Stimmung des ganzen Stücks, während die drums pumpen und das Genick zu strapazieren versuchen. Für den Hook ist DJ Claw zuständig, welcher u.a. mit Samy Deluxe- und Dendemann-Cuts die Grundaussage von ‚Nachtfalter’ unterstreicht („sitze die ganze Nacht in meinem Labor wie ein Wissenschaftler“ / „es kann sich um Stunden handeln, ich bleib bei der Sache“).
Danach folgt der chillige Track ‚Ich will an’s Meer’. Olivia singt über einen wunderschönen, mit Gitarrensample bestückten Claud-Beat den Hook und Lycon beschreibt seine Gefühle während Krisensituationen, den sogenannten „downs“, wie sie wohl jeder kennt. „Ich will weg von hier ans Meer, vielleicht finde ich Trost“. Wiederum ist Lycons Text inhaltlich sehr gelungen und wirkt durch und durch authentisch, ehrlich und ungezwungen, was alles andere als selbstverständlich ist.
„Bon appétit“ ist die Devise des darauffolgenden Tracks namens ‚Micsnack’. Lycon vergleicht das Rapgame mit einem Küchenrezept und allen nötigen Zutaten. Lycons Vergleiche sind durchaus gut gewürzt und auf jeden Fall mit einer gesunden Prise Humor gepfeffert. Claud serviert erneut einen kochendheissen Beat, dieses Mal mit Bläsersamples als Beilage. Für den Refrain steht Claud selbst an den Plattentellern und gibt dem Menü die letzte Würze. E Guete!
Aber nun zum Dessert: ‚Darf ich euch bitten?!’ bildet den Schlusspunkt der EP. Dass ein MC in einer gewalt-geschwängerten Welt mehr zu sagen haben muss als nur irgendwelche Standartphrasen scheint Lycon wohl sehr wichtig gewesen zu sein. Im Song widmet sich Lycon dieser Thematik und macht deutlich, was schon in den vorigen Songs ersichtlich wurde: ihm scheint an deepen Texten mehr zu liegen, als an ordinären Representing- und Battleraps. Für den Beat dieses Stückes ist Mikon verantwortlich. Nicht aber, dass durch diesen „Producerwechsel“ der rote Faden verloren ginge, im Gegenteil: der Beat ist auf sehr hohem Level anzusiedeln und ist garantiert zum Kopfnicken prädestiniert. Den Hook cuttet und scratcht Mikon auch gleich selber und rundet Lycons Rap somit ab.
Neben allen positiven Punkten der EP gibt es aber auch vereinzelte Dinge, welche besser hätten sein können. Als grösstes Defizit sehe ich Lycons Flow. Dieser hätte an einigen Stellen etwas runder und flüssiger sein müssen, um wirklich ganz und gar überzeugen zu können. Man merkt, dass Lycon seinen Schwerpunkt mehr auf den Textinhalt gelegt hat als auf die Raptechnik. Unter diesen Umständen musste wohl der Flow etwas darunter leiden. Dies scheint aber nicht sehr schlimm, da Lycon auch wirklich etwas zu sagen hat und da es durchaus auch interessant ist seinen Worten Beachtung zu schenken!
‚Soundseduction series no.1’ hebt sich - sowohl von der musikalischen, als auch von der textlichen Seite - eindeutig vom grauen, oberflächlichen Durchschnitt ab und überzeugt durch Eigenständigkeit, Innovation und sicherlich auch durch Kreativität. Das Endprodukt wirkt in sich geschlossen, hat einen „roten Faden“, ist für einen Debüt-Tonträger auf einem sehr hohen Level und macht auf jeden Fall Hunger auf mehr. Lycon, wir sind auf den nächsten ‚Micsnack’ gespannt! (kritik von www.aightgenossen.ch) |
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